Volljährigenadoption

Ausweg aus der Erbschaftsteuerfalle?

Online seit: 04.02.2024
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Schon Neffen und Nichten haben nur noch einen Freibetrag in Höhe von 20.000,- €. Den darüber hinaus gehenden Erwerb müssen sie mit mindestens 15 % versteuern (vgl. hier). Sowohl wenn Vermögen verschenkt werden soll als auch bei der Wahl des richtigen Erben stellt sich für kinderlose Menschen die Frage, ob bzw. wie eine hohe Schenkung- bzw. Erbschaftsteuer verhindert werden kann. Der folgende Artikel zeigt, dass die Volljährigenadoption eine Option ist, sie hat jedoch auch ihre Nachteile.

Was ist eine Volljährigenadoption und wann ist diese zulässig?

Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) kennt zunächst die sog. Minderjährigenadoption, also die Adoption von minderjährigen Kindern. Möglich ist es jedoch auch, volljährige Personen zu adoptieren; man spricht dann von der sog. Volljährigenadoption.

Ein Volljähriger kann gem. § 1767 Abs. 1 BGB als Kind angenommen werden, „wenn die Annahme sittlich gerechtfertigt ist; dies ist insbesondere anzunehmen, wenn zwischen dem Annehmenden und dem Anzunehmenden ein Eltern-Kind-Verhältnis bereits entstanden ist.Hauptvoraussetzung ist also das Eltern-Kind-Verhältnis.

Vereinfacht gesagt ist erforderlich, dass eine dauernde, innere und seelisch-geistige Verbundenheit mit der Bereitschaft zum gegenseitigen Beistand vorliegt, so wie sie auch zwischen Eltern und Kind besteht. Dies ist immer im Einzelfall zu entscheiden. Die Rechtsprechung zieht gewisse Indizien heran, z. B. dass der Altersunterschied zwischen Annehmendem und Anzunehmenden demjenigen zwischen leiblichen Eltern und deren Kindern gleicht, dass man sich gegenseitig unterstützt und dass man einen persönlichen Umgang pflegt.

Die Abwesenheit dieser Indizien spricht also gegen ein Eltern-Kind-Verhältnis, ebenso wie möglicherweise die Angehörigkeit zu verschiedenen Kulturkreisen oder gesellschaftlichen Schichten. Ganz wichtig zu wissen ist auch, dass das Vorhandensein einer intakten eigenen Familie ebenfalls gegen ein Eltern-Kind-Verhältnis zum Annehmenden spricht. Denn wer ein gutes Verhältnis zu den eigenen Eltern hat, wird regelmäßig kein weiteres inniges Kind-Eltern-Verhältnis zu einer anderen Person aufbauen.

Es ist auch ausreichend, wenn sich das Eltern-Kind-Verhältnis nur anbahnt. Die bloße gemeinsame Antragstellung alleine genügt dafür jedoch nicht, es müssen bereits nach außen tretende Umstände vorliegen (z. B. dass der Annehmende sich regelmäßig im Haushalt des Annehmenden auffhält). Hinzukommen muss objektiv gesehen die Prognose, dass ein solches Verhältnis auch tatsächlich entstehen wird. Der auf dem Sterbebett liegende künftige Erblasser kann daher schwerlich argumentieren, dass ein Eltern-Kind-Verhältnis noch entstehen wird.

Merke: Rein wirtschaftliche Interessen wie die Ersparnis bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer rechtfertigen keine Adoption. Es ist also immer erforderlich, dass ein Eltern-Kind-Verhältnis vorliegt bzw. sich ein solches objektiv begründbar anbahnt.

Besonderheiten bei der Verwandtenadoption.

In der Praxis kommt oft die sog. Verwandtenadoption in Betracht. Gemeint ist damit bspw. die Adoption der Nichte durch den Onkel. In diesen Fällen achten die Gerichte bei der Entscheidung über das Eltern-Kind-Verhältnis genau darauf, ob sich die bisherigen Verwandtschaftsverhältnisse tatsächlich intensiviert haben. Die Beziehung muss also über das unter Verwandten übliche Maß hinausgehen.

Wirkungen der Volljährigenadoption.

Der Anzunehmende wird mit der Adoption das Kind des Annehmenden und zwar mit allen rechtlichen Wirkungen. Auch dessen (Enkel-)Kinder werden von der Annahme erfasst. Zu den sonstigen Verwandten des Annehmenden entsteht hingegen kein Verwandtschaftsverhältnis. Sofern es sich nicht um eine Volljährigenadoption mit den Wirkungen der Minderjährigenadoption handelt, werden die früheren Verwandtschaftsverhältnisse beibehalten. Es kommt also zur Häufung von Elternverhältnissen.

Nicht übersehen werden darf, dass mit der Adoption auch Unterhaltspflichten entstehen und zwar nicht nur von dem Annehmenden zum Anzunehmenden, sondern auch umgekehrt (was unter Umständen relevant wird, falls der Annehmende eines Tages in ein Pflegeheim muss, sein Vermögen hierfür aber nicht ausreicht).

Erbrechtlich wird der Anzunehmende wie ein Kind des Annehmenden behandelt. Er wird also gesetzlicher Erbe, ist daher aber auch pflichtteilsberechtigt! Erbschaft- bzw. schenkungsteuerlich erhält er sodann einen Freibetrag in Höhe von 400.000,- € und unterfällt der Steuerklasse I.

Ganz wichtig zu wissen ist zudem, dass die Adoption auch namensrechtliche Wirkungen hat: Der Anzunehmende erhält als Geburtsnamen den Familiennamen des Annehmenden. Erst die aktuell geplante Namensrechtsreform sieht vor, dass der Anzunehmende dieser Namensänderung widersprechen kann. Eine Ausnahme von der Namensänderung gibt es bis dahin also nur, wenn der Anzunehmende bereits verheiratet ist, wobei sich dann aber dennoch sein Geburtsname im Personalausweis ändert.

Verfahren der Adoption.

Eine Adoption ist notariell zu beurkunden und wird anschließend dem Familiengericht vorgelegt. Dieses hört die Beteiligten persönlich an, um sich davon zu überzeugen, dass die Adoption sittlich gerechtfertigt ist. Zu wissen ist, dass hier die Eltern des Anzunehmenden angehört werden können.

Fazit: Die Volljährigenadoption kann also ein Mittel sein, Vermögen steuergünstig auf andere Personen zu übertragen, da diese dann wie ein Kind von den höheren Freibeträgen, der besseren Steuerklasse und etwaigen weiteren Steuerpriviliegen (wie etwa dem Familienheimprivileg) profitieren. Dabei ist aber Vorsicht geboten, da die Adoption sittlich gerechtfertigt sein muss und viele Gerichte sind hierbei inzwischen sehr restriktiv. Darüber hinaus dürfen die weitreichenden zivilrechtlichen Folgen (wie etwa die Unterhaltspflichten und die Namensänderung) nicht ignoriert werden.

Der positive Beschluss der Adoption ist unanfechtbar und unabänderlich. Eine Adoption kann also nur dann wieder rückgängig gemacht werden, wenn Annehmender und Anzunehmender dies gemeinsam beantragen und wenn ein wichtiger Grund vorliegt.

Hinweis:
Der vorstehende Beitrag stellt lediglich die rechtliche Lage im Allgemeinen zum Zeitpunkt der Veröffentlichung des Artikels dar und kann die individuelle Rechtsberatung für den speziellen Einzelfall nicht ersetzen.